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Historie

Warum gibt es überhaupt eine Kulturetage. Warum wurde sie erfunden und was verbindet sie mit gleichartigen Häusern?

 

Die Kulturetage war spät dran! Bis 1986 scheiterten mehrere Versuche, ein soziokulturelles Zentrum in Oldenburg aufzubauen. Die Kulturetage entwickelte sich in den Anfängen nicht so sehr aufgrund einer kulturpolitischen Stadtpolitik wie in anderen Städten, sondern eher als eine ständig wachsenden Keimzelle eines späteren Künstler*innenkulturzentrums. Das große Konzept „Farbmühle“ scheiterte. Es entstand „nur“ eine Etage in einem Industriegebäude: Die Kulturetage.

 

wie alles begann…

Am Anfang stand in den 70er Jahren, nach einem verunsicherten 68iger Um- oder Aufbruch, vor allem die Sehnsucht nach Freiräumen für einen Generationswechsel, auch oder insbesondere in der Kultur. 

 

Der Wunsch nach einem Bruch mit der heilen Welt der Kulturpaläste, also der staatlichen Kultur und der anständigen, bürgerlichen Welt des Guten, Wahren und Schönen – aber auch mit der Konsumkultur (vom Arztroman bis zum Schlager). Es ging aber auch um Themen wie Demokratisierung, Vergangenheitsbewältigung, Frieden schaffen, Emanzipation von Frauen, Schwulen, Minderheiten.

Wir haben nach neuen Modellen der Verbindung von Arbeit und Leben, kollektiver Arbeit, Nachhaltigkeit,

Umweltpolitik, gewaltfreie Pädagogik etc. gesucht und neue kulturelle Ausdrucksformen, insbesondere in der Musik, des freien Theaters und der Straßenkunst, aber auch in der Pädagogik und der Umweltarbeit (Antiatomkraftbewegung) gefunden.

 

Vor 40 Jahren entstanden die ersten Zentren, wo dies möglich schien – nämlich Freiräume für Kultur zu schaffen (zur Not besetzen). Vorreiter hier im Norden waren die Fabrik in Hamburg, das Pumpwerk in Wilhelmshaven und der Pavillon in Hannover, aber auch der Melkweg in Amsterdam, Christiania in Kopenhagen oder die Ufafabrik in Berlin.

 

Zuerst wurde die Kulturetage schwerpunktmäßig für Theaterarbeit, Tanz und Workshopkultur genutzt. Zunehmend dann auch für andere Kulturformen.1992 kam der Umbau der Halle als Theaterspielstätte – Schwerpunkt Tanztheater – Dank Landesmittel. Vorbilder waren in den nächsten 10 Jahren eher Kampnagel und das Theaterhaus Stuttgart. Der gesamte organisatorische Betrieb wurde über ABM-Stellen finanziert und war damit zeitlich begrenzt.

Ursache & Wirkung

Kollektive Formen - auch wenn sie heute wieder auf dem Prüfstand stehen – gehörten und gehören zum Teil unserer Entwicklung!
Wir agieren immer zwischen den Polen aus gesellschaftlichem Kulturauftrag einer Nonprofitorganisation und wirtschaftlichem Erfolg in den Bereichen der Breitenkultur.  Es bedeutet also, immer in Bewegung zu bleiben und dies war und ist weiterhin nur unter hoher Belastung und schlechter Bezahlung möglich.

 

Die Förderung bis 2000 durch die Stadt war im Vergleich zu anderen Städten eher schlecht, so setzten wir sehr auf die umfrangreiche Arbeitsförderungsprogramme (ABM), die aber nach 2000 zum Erliegen kam. Radikale Kürzungen der Stadt zwischen 10 und 25% sorgten 2003 und danach für eine starke Kommerzialisierung, vor allem im Hallenbereich (Konzerte, Partylokation, Vermietungen an Banken etc.). durch die gemeinschaftliche Entwicklung der Groninger Thesen wurde hier – als Reaktion auf diese Entwicklung – ein begrenztes Gegengewicht (kreativ:LABOR) in der Ausrichtung des Hauses geschaffen.

 

Aber nicht nur der wirtschaftliche Erfolg und der Produktionsbereich sind als ein Alleinstellungsmerkmale der Kulturetage zu sehen, auch eine ausgeprägte Landesförderung (Investitionen und Projekte) bis hin zum Erwerb der Immobilie mit allen Vor- und Nachteilen, zeichnen das Haus aus. Wobei der Kauf nur die konsequente Folge einer Dauerbaustelle war, um jahrzehntelange Investitionen – auch unentgeltliches Engagement der Mitarbeiter*innen – langfristig für die Kultur zu sichern.

 

Nach 30 Jahren war der Ausbau in räumlichen Dimensionen zunehmend abgeschlossen, ebenso die Etablierung als anerkannte Kultureinrichtung auf hohem Niveau.  Dies geschah nicht ohne große und kleine Krisen, Hinzuziehung von professioneller Beratung und Aufgabe von Ansprüchen ebenso wie Erhaltung und Pflege von Visionen und Zielen. Nicht so sehr die Räume, sondern inhaltliche Fragen und die kulturpolitische weitere Ausrichtung - insbesondere unter dem laufenden Generationswechsel sind Teil der laufenden und zukünftigen Diskussion. Mit dem kreativ:LABOR und in Fragen der Vernetzung mit anderen Trägern in Oldenburg sind neue Weiter- bzw. Neuentwicklungen zumindest makiert, mit der Zukunftsdiskussion ist ein Prozess der Auseinandersetzung angeschoben.

unsere Verantwortung

Zitate aus den Mitteilungen des Bundesverbandes Soziokultur:

In unserer globalisierten und scheinbar distanzlosen Welt sind die Stichworte von heute:

 

"Klimawandel und Nachhaltigkeit, neue Formen der Verbindung von Arbeit und Leben, neue Formen und Möglichkeiten von Heimat und Begegnung mit dem Anderem, Fremden, „Gewächshaus für Demokratie“ als Reaktion auf die AfD,  aber  auch Raum bieten für unterrepräsentierte Formen von Kunst, die Wiederentdeckung der Langsamkeit und des Scheiterns als wichtige Elemente kreativer Prozesse ebenso wie Digitalisierung  und Aneignung neuer Medienformen z.B. Gaming und Gamification und nicht zuletzt immer wieder die von Hermann Glaser geforderte „emanzipatorische Vision, dass die Beschäftigung mit den kulturellen Werten nicht mehr an bestimmte gesellschaftliche Schichten geknüpft sein darf".

 

Wenn Soziokultur diesen Intentionen folgend weiter Impulse setzt, dann hat sie gegenüber den meisten anderen Kultureinrichtungstypen den Vorteil einer gut 30-jährigen Erfahrung und einer – trotz allem – gut entwickelten Infrastruktur. Soziokultur-Akteur*innen sind sich einig: Soziokultur wirkt immer(fort).

Was allerdings vorhanden sein muss, ist der Wille zur Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse mittels Kunst und Kultur. Die Spielräume schrumpfen – das ist die Folge der zunehmenden Administrierung (z.B. in Sicherheitsfragen) oder auf der anderen Seite Kommerzialisierung von Kultur. Ersteres wiederum ist das Ergebnis eines postmodernen Gerechtigkeitssinnes, der Reibungen und Divergenzen meidet, letzteres wird insbesondere durch die Digitalisierung befeuert.